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Die Hussiten vor Naumburg
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'''Die Hussiten vor Naumburg''' Vor mehreren hundert Jahren zogen die Hussiten mit ihrem Feldherrn Prokop durch das deutsche Land. Sie kamen auch vor Naumburg. Eines Morgens sahen die Wächter das endlose Heer heranziehen. Die Trommeln rasselten, die Hörner schmetterten, Spieße und Schwerter blinkten im Morgenschein. Die Naumburger wußten, daß Prokop sie verderben wollte. Zwei gefangene Bauern hatten einen Zettel in die Stadt gebracht, darauf zu lesen stand, daß er die ganze Stadt mit Brand und Schwert vernichten wolle. Da machten sich alle zum Kampf und zum Sterben bereit. Es lebte aber ein Schlossermeister in der Stadt, Wilhelm Wolf mit Namen. Der sann schon lange hin und her, wie man die Stadt retten könnte. Er hatte endlich einen Plan. Alle Eltern sollten ihren Kindern weiße Sterbehemden anziehen. Dann sollten die Kinder zum Tor hinaus zum wilden Prokop ziehen, ihm vor die Füße fallen und flehentlich um Gnade für die Vaterstadt bitten. Die vielen unschuldigen Kinder würden sicher Prokops Herz erweichen. Als der Feind die Leiter schon zum Sturm fertig machte, da willigten die Eltern voller Kummer ein. Der Meister ging selber zu Prokop und bat ihn, noch einen Tag mit dem Sturm zu warten. Das gab der Feind auch zu. Inzwischen nähten die Mütter Sterbehemdchen. Manch eine weinte, manch eine seufzte da vor Herzleid, denn keine wußte, ob sie ihre Kleinen wiedersehen würde. Mehr als 200 Knaben und 300 Mädchen zwischen 7 und 14 Jahren traten vor dem Rathaus an. Halb ängstlich, halb voll Neugier waren sie. Der Meister führte ihren langen Zug stumm durch die Straßen bis zum Tore hinaus. Am Stadttor blieb er mit den Frauen stehen, und bangen Herzens sahen sie den Kleinen nach. Als die Hussitenkrieger die Kinder bemerkten, standen sie voll Staunen da und ließen still den Zug vorbei. Manch kleines Mägdlein erzitterte vor den rauhen Kriegsleuten, aber tapfer zogen sie weiter. Vor dem Zelt des Prokop blieben sie stehen. Der Vorhang ging auf, und mit wehendem Helmbusch und bösen Gesicht trat Prokop, der Führer, heraus. Da fielen alle Kinder auf die Knie, hoben die Hände zum Himmel und stehen laut um Gnade. Als er die Kleinen so um Erbarmen bitten sah, da griff es den Prokop ans Herz. Er ließ seine Kriegsleute kommen, hielt einen Kriegsrat Und versprach den Kindern, um ihretwillen Naumburg zu verschonen. Schnell kamen Spielleute herbei, die frohe Weisen bliesen. Den Kindern gab der Feldherr Wein und Kirschen, ging selbst mit seinen Unterführern unter sie und lachte und scherzte froh mit ihnen. Bald lachten, sangen und sprangen die Kinder zwischen den finsteren Kriegern umher, daß es eine Freude war, und als der Tag sich neigte, da zogen alle fröhlich wieder heim. Wie waren da die Eltern froh, als ihre Kinder munter wiederkehrten. Am anderen Morgen, als die Sonne aufging, spähten die Wachen auf der Mauer vergebens nach dem Feinde aus. Weit und breit war nicht ein Zelt und nicht ein Spieß zu sehen. In der Nacht waren die Hussiten abgezogen. Die Kinder hatten Prokops Herz gerührt und ihre Eltern und die Stadt gerettet. Seit dieser Zeit feiert man am 28. Juli alljährlich zu Naumburg das Kirschfest. Da ziehen die Kinder in langem Zuge zur Vogelwiese und werden mit Kirschen, Spiel und Tanz erfreut. == Quelle == [[Das Sagenbüchlein des Kreises Weißenfels (1937)]] von [[Alfred Nier]] [[Kategorie:Sagen und Legenden]]
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